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Die Befreiung des Serendipity-Buchs

Das deutschsprachige Serendipity Handbuch hat "unser" Lead Developer Garvin Hicking bereits 2008 im Verlag OpenSource Press veröffentlicht. Das ist also bereits vier Jahre her, und vier Jahre sind im Leben einer Software eine lange Zeit, in der sich vieles ändert. Im Falle von Serendipity sind neue Features hinzugekommen, aber die Kernfunktionalitäten waren damals schon so stabil, dass große Teile des Buchs für Anwender und Entwickler immer noch eine wichtige Referenz darstellen.

Dirk Deimeke kam daher auf die Idee, die Inhalte des Buchs durch die Community weiter aktualisieren zu lassen, und hat bei Garvin und vor allem beim Verlag angefragt. Da Serendipity nun bei weitem nicht so verbreitet ist wie z.B. Wordpress, "saß" OpenSource Press noch auf einem ganz ordentlichen Restbestand von 850 Büchern, erklärte sich aber bereit, das Buch freizugeben, wenn ihm die 850 Bücher zum Preis von 1 € pro Exemplar abgenommen würden.

Auf Dirks Blog fanden sich relativ schnell viele Interessenten, die auch zu einer Spende bereit waren. Innerhalb einiger Wochen bekamen wir denn auch tatsächlich die benötigten 909,50 € zusammen, und auch die Frage nach der Lagerung von 850 dicken Wälzern ließ sich lösen.

Seit Ende März stehen nun die LaTeX-Quellen in einem Quelltext-Repository auf Github unter einer Creative Commons-Lizenz (CC-BY-NC-SA) öffentlich zur Verfügung. Momentan überlegen die Community-Mitglieder, wie die Dokumentation aktualisiert und vor allem anderen Anwendern zur Verfügung gestellt werden soll. Garvin ruft dazu auf, sich an diesen Überlegungen zu beteiligen.

Cory Doctorow im Bürgerhaus Alsbach

Vorhin war ich zum ersten Mal in Alsbach, das ich bislang hauptsächlich aus meiner Studienzeit als Gemeinde Alsbach-Hähnlein und als gemeinsame Grenze der Verkehrsverbünde Rhein-Main und Rhein-Neckar kannte. Im dortigen Bürgerhaus war heute der Boing Boing-Blogger, Science Fiction-Autor, Steampunk-Aficionado und Anti-Copyright-Aktivist Cory Doctorow zu Gast. Doctorow gelingt das Kunststück, seine Romane unter Creative Commons-Lizenzen zu veröffentlichen und gleichzeit ganz "normal" über Verlage in gedruckter Buchform zu verkaufen - und davon leben zu können.

Cory Doctorow und Uwe-Michael Gutzschhahn
Cory Doctorow und Uwe-Michael Gutzschhahn

Gleich zwei seiner Romane, "Makers" und das Jugendbuch "FTW", habe ich vor kurzem kostenlos auf mein Smartphone heruntergeladen und dort mit der App Aldiko gelesen, was erstens besser funktioniert hat, als ich erwartet hatte, und zweitens ein großes Vergnügen war. Denn Doctorow schreibt nicht nur gut, sondern verarbeitet Themen wie die globale Vernetzung, Multi-Player-Computerspiele, Rapid Prototyping, Social Media und seine Disney-Obsession zu äußerst spannenden und einfallsreichen Plots.

Seine Lesereise durch Deutschland hat allerdings den Anlass, dass sein vorletztes, sehr erfolgreiches Jugendbuch "Little Brother" bei rowohlt auf Deutsch erschienen ist. Übersetzer ist Uwe-Michael Gutzschhahn, der heute auch da war und aus seiner Fassung vorgelesen hat. Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle, dass es auch eine - völlig legale und kostenlose - Fan-Übersetzung von Christian Wöhrl gibt. Als Leser kann man sich also aussuchen, welches Medium, welches Format und welcher Stil einem am liebsten sind.

Die beiden haben jeweils recht interessante Passagen aus dem Buch vorgelesen. So ist den etwa 70 Zuhörern schnell klar geworden, um was es bei "Little Brother" geht, ohne das zu viel verraten wurde. Dementsprechend groß war dann auch die Begeisterung und der Andrang bei der Signierung. Davor gab es noch die Möglichkeit, Fragen an Doctorow zu stellen; diese drehten sich hauptsächlich um aktuelle Fragen wie ACTA, Creative Commons, OpenGov und die Zukunft von Autoren und Verlagen.

Mir hat der Abend gut gefallen. Schön war insbesondere, dass neben den erwarteten Fans (Nerds, Piraten usw.) auch viele Schüler gekommen waren, die das Buch offenbar im Unterricht besprochen hatten - ein Lob an den/die LehrerIn! Auch ich habe schon seit längerem vor, "Makers" und "FTW" hier im Blog zu besprechen, der Entwurf schlummert schon eine ganze Weile auf der Festplatte. Vielleicht mache ich einen flotten Dreier daraus, den "Little Brother" habe ich mir auch aufs Handy geladen. Zunächst einmal in der englischen, kostenlosen Version.

Zu guter Letzt noch ein Danke an die Lesbar in Seeheim, die den Abend möglich gemacht hat!

Die Kommerzialisierung des BarCamp-Gedankens

Eigentlich wollte ich hier nicht mehr so viel über BarCamps schreiben, aber über die Jahre ist mir diese Veranstaltungsform so ans Herz gewachsen, dass ich nicht anders kann. Die BarCamp-Idee war und ist ein riesiger Erfolg. Es gibt in Deutschland beinahe keine größere Stadt mehr, in der nicht schon ein oder mehrere BarCamps stattgefunden haben. Mittlerweile haben auch Fimen und andere Organisationen das Format BarCamp für sich entdeckt, z.B. um Mitarbeiter fortzubilden und zu motivieren.

Zunehmend findet aber auch eine Art Kommerzialisierung von BarCamps statt. Es entstehen Hybrid-Formen von traditionellen Konferenzen und BarCamps, oder beides findet parallel statt. Die ursprünglichen BarCamp-Regeln werden teilweise den Umständen angepasst. Beispielsweise wird die Vorstellungsrunde ab und zu weggelassen, oder es werden prominente Speaker schon im Vorfeld angekündigt. Oder es wird ein nicht unerheblicher "Unkostenbeitrag" für die Teilnahme erhoben.

Moment mal! Hieß es nicht immer: Der Zutritt ist für die Teilnehmer frei? Wurde nicht immer Wert darauf gelegt, dass auch z.B. Studenten problemlos teilnehmen können? Ich persönlich wäre nie auf mein erstes BarCamp gefahren, wenn es, sagen wir, 119 Euro Teilnahmegebühr gekostet hätte. Ich denke, es ist bis heute möglich, die Kosten über Sponsoren zu decken, was ja auch immer wieder bewiesen wird. Aber natürlich ist der Aufwand, Sponsoren zu finden, größer als einfach Eintritt zu verlangen.

Spätestens in solchen Fällen, insbesondere wenn ein einzelnes Unternehmen eine solche Veranstaltung organisiert, stellt sich die Frage, ob es sich dabei nicht um eine kommerzielle Veranstaltung handelt. Wird diese Frage mit "Ja" beantwortet, dann sollte das die entsprechenden Konsequenzen haben. Ein zentrales Merkmal von BarCamps fehlt dann nämlich. Vielleicht sollte als erstes nicht mehr von einem Camp gesprochen werden? Zumindest aber steht das BarCamp-Logo unter einer NonCommercial Sampling Plus 1.0-Creative Commons-Lizenz, darf also nicht ohne Weiteres für eine kommerzielle Veranstaltung übernommen werden. Die Liste könnte noch fortgeführt werden.

Aber ich möchte an dieser Stelle lieber klarstellen: Ich habe nichts gegen kommerzielle, von BarCamps inspirierte Veranstaltungen, sondern freue mich, dass das Format weiterentwickelt wird. Die Diskussion über die Kommerzialisierung ist sowieso beinahe so alt wie das Format selbst. Nur möchte ich den notwendigen Respekt für die ursprüngliche Idee des BarCamps einfordern: Community, Offenheit und Fairness. Und die Diskussion, basierend auf diesen drei Grundpfeilern, weiterführen.