User Groups für Dummies
Wie ihr bestimmt wisst, bin ich im Orga-Team von zwei User Groups tätig, nämlich für die PHP User Group Rheinhessen und für RheinMainJS. Als selbständiger Entwickler komme ich etwas rum und versuche, Kollegen für die Treffen dieser User Groups zu begeistern. Dabei stelle ich immer wieder fest, dass manche zwar schon von der einen oder anderen User Group gehört haben, für andere User Groups noch völlig unbekannt sind, und dass es von dieser Seite einige offene Fragen gibt.
Noch nie bei einem User Group-Treffen gewesen zu sein, ist nichts, wofür man sich schämen müsste, und es gibt auch keine dummen Fragen. Daher versuche ich, so gut wie möglich zu antworten und eventuelle Hemmschwellen abzubauen. Weil manche Fragen sich wiederholen, dachte ich mir, ich schreibe das Wichtigste zum Thema einfach mal auf. Daher jetzt und hier: "User Groups für Dummies" bzw. "User Groups 101" bzw. "User Groups FAQ für Neulinge". Wenn ihr noch weitere Punkte wisst, die hier fehlen, oder noch Anmerkungen oder Ergänzungen habt, schreibt sie in die Kommentare oder meldet euch auf Twitter. Ich werde den Artikel dann erweitern.
Du möchtest an einem User Group-Treffen teilnehmen, weißt aber nicht, wie?
Die einfache Antwortet lautet: Komm einfach vorbei! Die Teilnahme ist (fast immer) kostenlos, es gibt keinen Dresscode, und wir beißen auch nicht Jeder mit genuinem Interesse an der Sache kann teilnehmen.
Entwickler sind bisweilen eher zurückhaltende oder schüchterne Menschen. Schnapp' dir ein paar Kollegen und nehmt gemeinsam an der User Group teil. Ihr habt dann gleich jemanden, mit dem ihr euch unterhalten und im Anschluss die Themen des Abends besprechen könnt. Wir geben uns Mühe, neue Gesichter zu begrüßen und uns vorzustellen, aber besonders, wenn viele Teilnehmer da sind oder noch kurzfristig Dinge organisiert werden müssen, kann es schon einmal passieren, dass wir nicht jeden per Handschlag empfangen können.
Da aber immer eine offene und lockere Stimmung herrscht, sollte es generell nicht schwierig sein, mit anderen Teilnehmern ins Gespräch zu kommen. Denn alle sind ja aus den gleichen Gründen da: etwas zu lernen und sich mit alten und neuen Bekannten zu unterhalten. Eine Vorstellungsrunde, in der jeder ein paar Worte über sich sagen kann, schieben wir nur noch selten ein - nach einigen Treffen kennen sich die meisten Leute nämlich schon ganz gut.
Wer darf nicht teilnehmen?
Wenn ich oben geschrieben habe, dass jeder teilnehmen darf, dann ist das zwar grundsätzlich richtig, aber mit einer Einschränkung: Recruiter, Personalvermittler und ähnliche Berufsgruppen sind nicht immer gern gesehen. Vor allem dann nicht, wenn sie den Ablauf des Meetups stören, indem sie ihrem Beruf nachgehen. Mir sind solche Fälle allerdings nur vom Hörensagen bekannt.
Immer mehr User Group stellen einen Code of Conduct (CoC) auf, bestimmen also klare Verhaltensregeln für ihre Teilnehmer. Im Mittelpunkt stehen dabei gegenseitiger Respekt und die Vermeidung von Diskriminierung und Belästigung. Ein Beispiel hierfür ist der Berlin Code of Conduct. Wer sich nicht an diese Regeln hält, schadet nicht nur einzelnen Personen, sondern auch der ganzen Community. Ich persönlich finde es gut und sinnvoll, einen CoC zu haben, hatte zum Glück aber noch nie mit inakzeptablem Verhalten auf einer unserer Veranstaltungen zu tun.
Wie läuft so ein User Group-Treffen ab?
Nicht alle User Groups sind gleich, aber aus meiner Erfahrung gibt es ein grobes Schema, nach dem die meisten Meetups ablaufen (Ausnahmen bestätigen die Regel). Ziel der Veranstaltung ist generell der Wissensaustausch. Im Vordergrund steht zum einen der gegenseitige Austausch mit anderen Entwicklern. Zum anderen werden üblicherweise ein bis zwei Talks zu vorher festgelegten Themen gehalten.
Im Anschluss an einen Vortrag gibt es in der Regel die Möglichkeit, Fragen an die Vortragenden zu stellen, was oft in spannenden Diskussionen mündet, die mindestens ebenso interessant sind wie der Vortrag selbst. Wie gut dieser Austausch klappt, hängt auch von der Größe der Gruppe und den räumlichen Gegebenheiten ab. In kleiner Runde kann jeder seine Meinung sagen.
Was kostet die Teilnahme?
Normalerweise ist die Teilnahme an einem UG-Treffen kostenlos bzw. die entstehenden Kosten für Räumlichkeiten, Technik, Getränke und manchmal Essen werden von Sponsoren gedeckt. "Free Beer" bzw. "Free Pizza" scheint in Entwicklerkreisen ein großer Anreiz zur Teilnahme zu sein Außerdem steht die Teilnahme jeder und jedem offen (wie oben beschrieben), es gibt keine Zugangsbeschränkungen irgendeiner Art.
Wenn bisweilen ein kleiner Unkostenbeitrag erhoben wird, liegt das in der Regel am nichtkommerziellen Charakter der User Group. Hinter manchen User Groups stehen andererseits Vereine, oder die User Group ist eng mit einer oder mehreren Firmen verbunden - beides erleichtert es, finanzielle Unterstützung von Sponsoren zu erhalten.
Wo finden die User Group-Treffen statt?
Die meisten User Groups, die ich kenne, treffen sich in den Räumlichkeiten von Agenturen oder anderen Firmen. Vorteil: Abends ist dort in den Konferenzräumen Platz, wir stören niemanden, und ein Beamer ist auch schon vorhanden. Die Agenturen sind also unsere Raum-Sponsoren, meistens auch unsere Getränke-Sponsoren, und manchmal gibt es sogar etwas zu essen. Das hängt ein bisschen vom Engagement der Sponsoren und der Organisatoren ab.
Manche User Groups treffen sich auch regelmäßig in Kneipen oder Gaststätten, wobei dann eher das Socializing und informelle Fachgespräche im Vordergrund stehen. Für Vorträge sind solche Locations weniger geeignet, Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.
Lasst euch von den Locations nicht abschrecken! Internet-Agenturen verstecken sich gar nicht selten in auf den ersten Blick obskuren Ecken von Einkaufszentren, abends verlassen erscheinenden Bürogebäuden oder in Industriegebieten. Wir geben uns in der Regel viel Mühe, den Weg genau zu beschreiben, vor Ort Wegweiser aufzuhängen und am Tag des Meetups erreichbar zu sein. Trotzdem hatten wir schon Fälle, in denen Leute den richtigen Eingang nicht gefunden haben, vor verschlossenen Türen standen, oder aus anderen Gründen wieder umkehren mussten.
Das ist weder für uns noch die Betroffenen schön. Versucht also, euch im Vorfeld schon über die Location zu informieren; Agenturen schreiben meistens eine Anfahrtsbeschreibung auf ihre Webseite. Plant etwas Zeit ein, um im Zweifelsfall den Weg zu suchen. Wenn ihr gar nicht weiter wisst, kontaktiert uns über Twitter, Meetup oder welchen Kanal auch immer wir anbieten.
Generell ist es nicht unbedingt ratsam, auf den letzten Drücker einzutreffen. Normalerweise planen wir eine gewisse Zeitspanne (30 Minuten) zum Ankommen und Hallo sagen ein, in der nach und nach die Teilnehmer eintreffen. Wir wollen den eigentlichen Beginn aber nicht unnötig nach hinten verschieben, den an einem Werktag-Abend ist irgendwann der Zeitpunkt erreicht, an dem alle nach Hause ins Bett wollen. Und manche Teilnehmer haben noch bis zu einer Stunde Autofahrt vor sich.
Du möchtest eine eigene User Group gründen?
Mein Eindruck ist, dass sich User Groups zur Zeit beinahe explosionsartig vermehren. In manchen Bereichen werden sogar User Groups für einzelne Frameworks oder Bibliotheken gegründet (yes, I'm looking at you, JavaScript!). Oft halten sich diese User Groups leider nicht lange oder finden nur wenige Teilnehmer, und schlafen dann irgendwann ein.
Natürlich gibt es auch Gegenbeispiele von User Groups, die sehr engagiert vorangetrieben werden. Aber in der Regel halte ich es für sinnvoll, zunächst einmal zu recherchieren, ob es in der eigenen Stadt oder Region nicht bereits User Groups gibt, die den gewünschten Themenbereich abdecken. Dazu reicht manchmal eine Suche auf Meetup.com, außerdem gibt es User Group-Verzeichnisse wie php.ug, wo PHP-User Groups weltweit vertreten sind, oder regionale Listen wie die auf Usergroups RheinMain.
Wirst du fündig, dann kann es praktischer sein, Kontakt zur bestehenden User Group aufzunehmen und ganz einfach dort mitzumachen. Die Chancen stehen gar nicht schlecht, dass du mit offenen Armen empfangen wirst, sei es als Teilnehmer, als Vortragender oder als Mitorganisator. User Groups sind ein Teil der Community und werden von der Community getragen. Spezialisierung ist zwar gut, aber eine zu große Fragmentierung kann sich als nachteilig erweisen.
Auch wenn es theoretisch möglich erscheint, haben nur wenige Menschen Zeit und Lust, jeden Abend bei einer anderen User Group zu verbringen. Allein in den kommenden 20 Tagen listet UGRM zwölf Meetups auf, von denen mich sicher mehr als die Hälfte interessiert - aber es gibt noch ein Leben neben den User Groups
Ok, wie kann ich eine bestehende User Group unterstützen?
Möchtest du eine bestehende User Group über die aktive Teilnahme an den Treffen hinaus unterstützen, solltest du dich zunächst an die User Group Leads wenden, also die Menschen, die die User Group organisieren. Normalerweise wissen diese am besten, wo Hilfe gebraucht wird. Zu den üblichen Aufgaben zählen die Organisation der Räumlichkeiten, die Suche nach Sponsoren, das Einladen von Speakern, die Pflege der Webseite, des Blogs, der Social Media-Kanäle und generell das Bewerben der Events.
Manchmal haben langjährige Organisatoren keine Lust oder keine Zeit mehr oder ziehen um, so dass sie froh um eine Nachfolge sind, damit die User Group nicht einschläft. Und es gibt bestimmt noch viele andere Möglichkeiten der Unterstützung. Zum Beispiel könntest du selbst einen Talk halten.
Du möchtest selbst einen Talk halten?
User Groups eignen sich hervorragend dafür, die eigenen Präsentations-Skills zu testen, einzuüben und zu verbessern. In kleiner Runde ist das Feedback direkter, und wenn einmal etwas nicht klappt, ist es nicht so schlimm wie auf der Bühne einer großen Konferenz. In Wirklichkeit ist es überhaupt nicht schlimm, kein Talk ist jemals perfekt.
Wichtig ist selbstverständlich, dass der Vortrag thematisch zur User Group passt. Wie eng die thematische Begrenzung verstanden wird, erfahrt ihr von den User Group-OrganisatorInnen. Diese freuen sich übrigens ziemlich sicher über jeden Talk, der ihnen proaktiv angeboten wird. Es muss inhatlich sich gar nicht um die neuesten Technologietrends (aka „heißer Shice“) handeln. User Groups profitieren gerade von einer großen Bandbreite an Themen. Bei unserer PHP User Group hatten wir schon Vorträge zu Themen wie Quadcopter, Arduino, Hausautomatisierung mit dem Raspberry Pi, MongoDB, Git Commit-Messages usw., die mit PHP wenig bis gar nichts zu tun haben, aber trotzdem interessant waren.
Bist du Contributor einer nützlichen Code-Bibliothek? Hast du (gute oder schlechte) Erfahrungen mit einem bestimmten Framework, einem speziellen Tool oder einer komplexen Architektur gemacht? Mit einer guten Idee wirst du bei einer User Group mit offenen Armen empfangen werden
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